Die Haltensquote
Nein, kein Rechtschreibfehler. Ja, du liest das richtig; „Haltensquote“. Ein Verb, ein Substantiv; fein zusammengeschrieben. Das Wort macht die Runde. Du glaubst mir nicht? Google nur, du Neunmalkluger: „Behaltensquote“, beharrt die Suchmaschine. „Nix da“, melden verwundert Duden und Brockhaus. Und doch ist es mitten unter uns; gesprochen und geschrieben: das wörtliche Monstrum, das wie ein Bulldozer durch die deutsche Sprache pflügt.
Du kratzt dich am Kopf und tippst auf Werbung? Weil die durchgeknallt und Texter ach so kreativ sind? Weit gefehlt mein Lieber. Noch ist die „Haltensquote“ keine Werbesprache. Ich sage „noch“, weil es nicht lange dauern wird, bis ja – bis die Werber auch diesen Schwachsinn schreiben.
Bis dahin und einstweilen führt die Bürokratie das Wort von „Haltensquote“ an. Im Quoten-Schwachmatikus von „Frauenquote“ und „Quotenregelung“ ganz Zuhause, spricht die deutsche Amtssprache nunmehr von „Haltensquote“, wenn sie „Abbrecherquote“ meint. Das ist die vermeintlich positive Wendung des unvermeidlich Negativen: Einer „bricht etwas ab“; einen Schulbesuch, ein Gespräch, eine Verhandlung. Da steht der andere dumm da. Besonders wenn er Vertreter der deutschen Wirtschaft ist. Da machen sich „Abbrecherquoten“ nicht gut; für das Image der deutschen Wertarbeit. Also her mit der positiven Wendung, wozu hat unser Amtsleiter ein Rhetorik besucht? „Das Glas ist halbvoll – das Glas ist halbleer“.
Darum vermelden die Nachrichten nicht mehr, dass jeder dritte Jugendliche in Deutschland seine Ausbildung abbricht, sondern hah: „Deutsche Auszubildende haben eine Haltensquote von 66 Prozent“. Das ist doch mal ein Erfolg!